Präsentation der Studienergebnisse


Im Rahmen meiner Ausbildung zur ThermologicVision® Expertin für Pferdethermographie , die ich im Fachzentrum für Pferdethermographie Marco Jentsch absolviert habe, habe ich eine kleine Studie angefertigt. Die Inhalte und Ergebnisse dieser Studie möchte ich Euch hier gerne vorstellen.

Fragestellung

Die Studie behandelt dabei folgende Fragestellung:

Führanlage – Fluch oder Segen?

Eignet sich die Führanlage beim täglichen Schritt-Training oder ist die Belastung für die Pferdebeine zu hoch?

Insbesondere in der Rekonvaleszenz, also beispielsweise beim Antrainieren nach Sehnenschäden oder nach Operationen an den unteren Gliedmaßen erhält man früher oder später vom Tierarzt meist die Anweisung, man solle das Pferd doch Schritt (meist auf hartem Boden) führen. Viele Besitzer*innen stellen sich hier jedoch häufig die Frage, ob man sein Pferd zwingend im Gelände oder in großen Runden über den Hof führen muss oder ob das Pferd „auch mal eben kurz“ in der Führanlage Schritt laufen kann. Aber nicht nur bei Verletzungen, sondern auch im täglichen Training wird die Führanlage oft und gerne genutzt: sei es zur zusätzlichen Bewegung im Winter, zur Hilfe beim Abspecken oder zum Aufwärmen vor dem eigentlichen Training. Bei der Führanlage spielen vor allem die permanente Bewegung auf dem Zirkel und die Drehbewegungen auf recht engem Raum beim regelmäßigen Handwechsel eine große Rolle.

Bei der Studie habe ich insbesondere die folgenden beiden Fragen mit Hilfe der Thermographie näher beleuchtet:

  • Kann man mit Hilfe der Thermographie einen Belastungsunterschied zwischen der Bewegung in der Führanlage im Vergleich zum Schrittgehen im Gelände (sprich „geradeaus“ auf hartem Boden) erkennen?
  • Und wenn ja, was bedeutet das für das Schritt-Training, insbesondere in der Rekonvaleszenz oder bei verletzungsanfälligen Pferden?

Aufbau der Studie

Um einen etwaigen Belastungsunterschied zwischen der Führanlage und dem Schrittgehen im Gelände erkennen zu können, müssen die thermographischen Auswirkungen aus beiden Bewegungsformen erhoben und entsprechend ausgewertet werden. Um beide Bewegungsformen miteinander vergleichen zu können, wurde bei der Studie folgender Ablauf eingehalten:

Tag 1

Das Pferd wurde entsprechend der Anleitung vorbereitet. Danach wurden Thermogramme der Beine im Ruhezustand angefertigt. Bei den Vorderbeinen vom Huf bis zum Ellbogen und bei den Hinterbeinen von vom Huf bis zum Knie. Im Anschluss wurde das Pferd ca. 30-40 Min. geführt. Nach dem Führen wurden erneut die gleichen Thermogramme angefertigt, wie vor der Bewegung.

Tag 2

Auch am zweiten Tag wurde das Pferd entsprechend der Anleitung vorbereitet. Danach wurden Thermogramme der Beine im Ruhezustand angefertigt. Bei den Vorderbeinen vom Huf bis zum Ellbogen und bei den Hinterbeinen von vom Huf bis zum Knie. Im Anschluss wurde das Pferd in die Führanlage gestellt, wo es auf der für ihn bekannten Geschwindigkeit die gleiche Zeit gelaufen ist, wie die, die es an Tag 1 geführt wurde. Nach dem Führen wurden erneut die gleichen Thermogramme angefertigt, wie vor der Führanlage.

Grundlagen und Statistiken

An der Studie haben insgesamt 10 Pferde teilgenommen. Bei der Auswahl der Pferde wurde insbesondere auf eine ausgewogene Altersstruktur und eine Rassevielfalt geachtet. Bedingt durch die unterschiedlichen Rassen, wiesen die Teilnehmer-Pferde auch unterschiedliche Stockmaße auf.

Die meisten Pferde, die an der Studie teilgenommen haben, wiesen zudem diverse orthopädische Vorerkrankungen auf. Lediglich 2 der 10 Pferde hatten keine bekannten (sprich diagnostizierten) Vorerkrankungen. Bei den restlichen 8 Pferden lag jeweils mind. eine bekannte Vorerkrankung an den Gliedmaßen vor. Bei mehr als einer Problemstelle an den Beinen kann es daher zu Mehrfachzählungen kommen.

Auch hinsichtlich der Beschlagssituationen gab es bei der Studie verschiedene Ausprägungen. 4 der 10 Pferde waren komplett barhuf, 4 waren lediglich vorne beschlagen und 2 der Pferde waren komplett beschlagen.

Auch hinsichtlich der Beschaffenheit der Führanlagen gab es Unterschiede hinsichtlich der Größe (Breite der Lauffläche und Durchmesser) sowie des Bodenbelags:

Erkenntnisse aus der Studie

Die Thermogramme wurden wie folgt ausgewertet und verglichen:

  • Spaziergang: Zunächst wurden die Thermogramme vor und nach dem Spaziergang ausgewertet und verglichen, ob sich durch den Spaziergang Auffälligkeiten entwickelt haben, die in Ruhe noch nicht zu sehen waren.
  • Führanlage: Auch hier wurden die Thermogramme vor und nach der Führanlage auswertet, ob sich hier Auffälligkeiten entwickelt haben.
  • Spaziergang vs. Führanlage: Zum Abschluss wurden dann auch die Erkenntnisse vom Spaziergang mit denen von der Führanlage verglichen. Hier ging es insbesondere darum, zu erkennen, ob bei beiden Bewegungsformen die gleichen Auffälligkeiten zustande kamen und ob diese in der gleichen Ausprägung vorlagen. Ob und inwiefern die Auffälligkeiten stärker waren kann man vor allem an dem Temperaturunterschied der betroffenen Stelle im Vergleich zur anderen Seite erkennen.

Betrachtet man alle Auffälligkeiten der untersuchten Pferde, kann man folgende Zusammenfassung vornehmen:

Am interessantesten ist vor allem die Erkenntnis, dass Pferde mit Auffälligkeiten an der Hinterhand eine deutliche Verstärkung der Problematik in der Führanlage zeigen. Somit sollte insbesondere in diesen Fällen auf die Nutzung der Führanlage verzichtet werden.

Weitergehende Fragen

Die Studie liefert bereits wichtige Erkenntnisse, die insbesondere bei Pferden mit orthopädischen Problemen bzw. Vorbelastungen Anwendung finden sollten.

Allerdings sind im Rahmen der Auswertung der Studie noch weitere Fragestellungen aufgekommen, die im weiteren Verlauf noch weiter untersucht werden könnten, um die Ergebnisse aus der Eingangsstudie zu verfeinern:

  1. Gibt es eine Mindestgröße, die die Führanlage für ein Pferd einer gewissen Größe haben sollte?
  2. Steigt die Belastung je kleiner die Führanlage ist?
  3. Ist eine breite Lauffläche wichtiger (größerer Wendekreis beim Drehen) oder der Durchmesser generell, um die Belastung klein zu halten?
  4. Wie wichtig sind regelmäßige Handwechsel? Steigt die Belastung je länger die Pferde auf derselben Hand laufen?
  5. Resultieren die gefundenen Auffälligkeiten aus der gelaufenen Kreisbahn oder den Drehungen beim Handwechsel?